Chile 7
Von Region Valparaiso bis Region Coquimbo
Vom 16. bis 31. Mai 2016
Fortsetzung von Bericht Argentinien 10
Die Fotos zu diesem Bericht findet man am Ende des Textes.
Hinter dem Tunel Cristo Redentor freuen wir uns zunächst über die nun bessere Straße in Chile. Doch plötzlich wird unser Camper geschüttelt, als wir unvermittelt über ein 15 cm tiefes und 20 cm breites Loch rumpeln, das sich über die ganze Fahrbahnbreite erstreckt. Solche immer wieder auftauchende Überraschungen sind schlimmer als die Waschbrettpiste der Carretera Austral. Eine unendliche Schlange von Lastwagen steht bergauf auf etlichen Kilometern der nachfolgenden 21 Serpentinen. Riesige Felsbrocken sind anscheinend durch das Unwetter auf die Straße gerollt und werden noch weggeräumt.
An der Panamericana in Zentralchile befinden sich hochmoderne Raststätten der staatlichen Copec-Tankstellen mit topsauberen Duschen, Sanitäranlagen, gepflegten Außenanlagen, preiswertem Frühstück und WIFI. Auf einem riesigen Bildschirm läuft ein Film über die Sehenswürdigkeiten der Region. In Los Molles am Pazifik ist durch den Küstennebel alles Grau in Grau und der im Januar von Touristen überfüllte Ort ist wie leergefegt. Auf der Fahrt in das bergige Hinterland nach Illapel sehen wir in der trockenen kakteenbestandenen Landschaft Kühe, Ziegen und Schafe in der Nähe vereinzelter einfacher Häuser und Hütten. Anders als in Argentinien winken uns die Menschen in Chile seltener zurück. Wir spazieren durch den netten und sauberen Ort Combarbala und beobachten beim Eis schlecken das Treiben um die gepflegte Plaza. Vor dem Observatorio Cruz del Sur stellen wir unser RMB Wohnmobil an den Rand des geschotterten Parkplatzes, genießen den herrlichen Blick auf das Tal, die dahinter aufragenden Anden und einen herrlichen Sonnenuntergang. Eine Besichtigung des Observatoriums ist leider weder heute noch in den nächsten Tagen wegen Bewölkung möglich. Durch das Valle Escondidos (versteckte Tal) fahren wir vorbei an ausgedehnten Weinanbaugebieten und kakteenbestandenen Bergen nach Ovalle. Hier im fruchtbaren Tal mit riesigen Obstplantagen, Olivenhainen und Weinfeldern können wir diese Erzeugnisse preiswert einkaufen. Mit Parkranger Clemen haben wir eine längere nette Unterhaltung, ehe wir auf der Piste in das Valle del Encanto (Zaubertal) rollen. Über drei Stunden lang spazieren und klettern wir durch die Fels- und Kakteenlandschaft und am kleinen Bach entlang. Das Tal mit besonderem Mikroklima war vom 2. bis 6. Jahrhundert Siedlungsgebiet der Molle-Indianer. Aus dieser Zeit stammen die etwa dreißig Petroglyphen. Wir finden viele dieser Steingravuren, die entweder in den Fels eingeritzt oder geschlagen wurden. Auch sehen wir immer wieder etwa zwanzig Zentimeter große Löcher in den ebenen Felsen, in denen die Frauen den Mais zerkleinert haben.
Einbruch in unser Wohnmobil
Später biegen wir ab zum Meer nach Tongoy, fahren dort um die Halbinsel herum und haben von unserem Übernachtungsplatz an der Felsküste einen herrlichen Blick auf den tiefblauen Pazifischen Ozean, in den sich Pelikane und Kormorane stürzen, bevor die Sonne untergeht. Nachdem wir in den letzten Wochen mit unserem Wohnmobil meistens frei übernachtet haben, fahren wir in Tongoy auf den Campingplatz „Ripipal“, der einen ordentlichen Eindruck macht und preiswert ist. Der Besitzer ist freundlich und vier Hunde laufen neben seinem Haus im Eingangsbereich bei der Schranke herum. Wir sind die einzigen Gäste und suchen uns einen Platz 50 Meter entfernt von der Platzmitte. Der Campingplatz ist von einem zwei Meter hohen Zaun umgeben, obendrauf Stacheldraht. Der Zugang zum Strand ist mit einem drei Meter hohen per Kette und Schloss gesicherten Tor zugesperrt. Bevor wir in den Ort gehen, lassen wir wie immer die Jalousie der Frontscheibe herunter, ziehen alle Rollos und die vorderen Vorhänge zu, damit niemand in den Camper sehen kann. Außerdem haben wir beide Schlösser der Eingangstür zweimal abgeschlossen und die Lichter der Alarmanlage blinken lassen. Der kleine Ort Tongoy ist recht nett und in einem der sauberen Restaurants sehen wir uns im TV das deutsche Pokalendspiel an. Am Strand holen Chilenen in Eimern anscheinend Muscheln vom Strand und werden von vielen Pelikanen und anderen Seevögeln umschwärmt. Einbruch in unser Wohnmobil Als wir auf dem Campingplatz am Wohnmobil ankommen, ruft Tina mir schon von weitem zu: “Wolle, komm sofort, die Scheibe ist kaputt, hier ist eingebrochen worden.“ Tina steht leicht unter Schock und ist mit den Nerven völlig fertig. Der Stein, mit dem in das rechte Thermopane-Seitenfenster geworfen wurde, liegt mit tausend Glassplittern im Fahrzeug. Die Diebe müssen durch das Fenster eingestiegen und auch ausgestiegen sein, denn die Tür war verschlossen, wie wir sie hinterlassen haben. Alle Ober- und Unterschränke stehen offen, im hinteren Bereich liegt ein großer Haufen unserer Wäsche. Aus dem oberen Staufach fehlt der extra für eventuelle Einbrüche von uns mitgenommene defekte Laptop, meine alte defekte Uhr, das alte defekte Handy und die alte defekte kleine Kamera. Leider wurde aber auch das Autoradio, ein Fernglas, ein Kompass und ein Souvenir-Portmonee mit Kleingeld gestohlen. Unser Geheimfach mit den Pässen, Dokumenten, Geld und diverser Optik und Elektronik haben sie zum Glück nicht gefunden. Insofern hält sich der finanzielle Schaden noch in Grenzen. Am ärgerlichsten ist die auch in Deutschland schwer zu ersetzende Thermopane-Scheibe. Die Polizei ist eine halbe Stunde später angekommen, sie wurden vom Campingplatzbesitzer informiert. Der scheint geschockt und beteuerte uns mehrfach, dass es hier noch zu keinem Einbruch gekommen sei. Er hat auch den Haitianer Prince informiert, der seit über 3 Jahren in Chile lebt und hier auf dem Campingplatz 2 Jahre gearbeitet hat. Er ist sehr nett und übersetzt vom Englischen ins Spanische und umgekehrt. Auch er hat hier in den 2 Jahren von keinem Diebstahl erfahren. Die Beamten der Gendarmarie nehmen das Protokoll auf und erfassen am Picknicktisch die gestohlenen Gegenstände in der Dunkelheit. Sie haben noch nicht mal eine Taschenlampe dabei. Sie haben trotz Aufforderung von Martina es nicht für nötig gehalten, einen Blick in unser Wohnmobil zu werfen, um das Chaos anzusehen. Auch Fußspuren auf dem Campingplatz sind für sie weder am Abend noch am nächsten Tag ein Thema. Wenigstens erhalten wir am übernächsten Tag von ihnen ein Protokoll.
Wir wussten, dass wir auf unserer Reise durch Südamerika mit einem Einbruch rechnen müssen. Deshalb haben wir bisher immer alle notwendigen Vorkehrungen getroffen. Beim Einkauf in den Supermärkten großer Städte blieb immer einer von uns beiden im Camper. Die Leiter zum Dach haben wir ständig mit einem langen Blech verdeckt. Verließen wir beide den Camper, haben wir immer alle Scheiben zugehängt und die Front-Jalousie heruntergelassen. Das Bild eines Rottweiler haben wir an den Scheiben angebracht. Oft hatten wir extra zugeschnittene Gitter hinter die Scheiben geklemmt. An unsicher erscheinenden Plätzen haben wir das auf Stick aufgenommene Hundegebell über die Lautsprecher angestellt. Aber hier auf dem Campingplatz schien uns alles so sicher, dass wir Hundebilder, Gebell und Gitter weggelassen haben. Trotzdem hatten die Einbrecher keinen Einblick in unseren Camper. Sie müssen uns beobachtet haben, als wir den Campingplatz verließen. Am nächsten Tag sehen wir uns die Schuhabdrücke an, die von einem Eckpfosten des Zaunes durch den Sand zu unserem Camper hin und wieder zurück führen. Es waren wohl 2 Personen. Sie sprangen vom Eckpfosten auf den Campingplatz. Der Draht war heruntergetreten. Wir meinen, die Burschen waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Vierundvierzig Jahre lang ist nichts auf unseren Reisen passiert, weil wir gut aufgepasst haben. Warum also sollte das wieder passieren? Jedenfalls haben wir eins gelernt: Immer und überall kann auch an den sicher erscheinenden Orten eingebrochen werden. Wie heißt es so schön auf unserer Homepage? Eine Reise ist wie ein Trunk aus der Quelle des Lebens. So ist eben das Leben. Es geht bergauf und bergab. Und manchmal ist der Trunk aus der Quelle wirklich bitter. Aber es gibt Schlimmeres ….
In der Regionshauptstadt Coquimbo kaufe ich eine neue Glasscheibe und klebe sie mit Silikon fest.
Weiter ins Elqui-Tal
Auf der Fahrt ins Valle de Elqui nerven uns wie so oft die „Banas Alertadoras“, etliche zwei Zentimeter hohe und zehn Zentimeter breite Streifen quer über die ganze Fahrbahn. Sie sollen die Autofahrer zur verminderten Geschwindigkeit zwingen und wir werden mächtig durchgeschüttelt. Vicuna macht im Zentrum einen netten und gepflegten Eindruck, ganz im Gegenteil zu den dreckigen Campingplätzen. Gut, dass wir auf sie nicht angewiesen sind. Das Elqui-Tal liegt inmitten von kahlen Wüstenbergen. Gespeist vom schmalen Rio Elqui gedeihen im Tal mit den fruchtbaren Böden Exportrauben, Feigen, Papayas, andere Obstsorten und Gemüse. Bekannt ist das Tal aber vor allem für den berühmten Pisco, einem Schnaps, der aus den Moscatel- und Pedro Jiménez-Trauben gebrannt wird. Hinter Paicuman verengt sich das Tal und steile Felsen ragen bis an den Rand der immer schmaler werdenden Straße. Leider ist der Himmel wieder einmal bedeckt, hier, wo doch an 330 Tagen im Jahr die Sonne scheinen soll. Im Ort Pisco Elqui sind die Straßen eng und es gibt nur Parkmöglichkeiten am Straßenrand. Im Hochsommer muss hier im Tal der Teufel los sein. Wir können uns gar nicht vorstellen, wo dann all die Autos parken sollen. Bei der Pisco-Brennerei Mistral mit idyllischem Innenhof-Restaurant nehme ich an der Besichtigung der Pisqueria teil. Sie schließt mit einer Probe im imposanten Keller ab, in dem der Pisco in großen Fässern aus amerikanischer Eiche gelagert wird. Der Vollmond auf unserem Übernachtungsplatz im Elqui-Tal lässt uns schlecht schlafen. Oder sind es die Vibrationen, die dieser Gegend nachgesagt werden? Denn das Tal soll auf einem der Weltmeridiane (chakras) liegen, und kosmische Strahlen anziehen. Und auch der Vater des Pisco, Rigoberto Rodriguez Rodriguez glaubte damals schon, esoterische Schwingungen wahrzunehmen. Und genau gegenüber seiner Pisqueria übernachten wir. Naja, wer’s glaubt … … Buenas Noches!
Wegen unveränderter Wetterlage mit Wolken – typisch für diese Jahreszeit - fallen leider auch die geplanten Besichtigungen de Observatorien La Silla und Cerro Tololo aus. In Vicuna begebe ich mich endlich nach wochenlangem Husten, der mich seit Patagonien verfolgt, ins Hospital. In dem nur 2 x 3 m großen Behandlungszimmer mit zwei Türen steht eine Pritsche, auf der außer mir zur gleichen Zeit ein Kind behandelt wird. Außerdem befindet sich im Raum ein Schreibtisch, ein kleiner Tisch und ein Stuhl, auf dem ich sitze. Zwei Ärzte und eine Krankenschwester sind auch im Zimmer. Hier, im fortschrittlichsten Land Südamerikas. Wie mag das wohl in den Krankenhäusern der anderen Länder aussehen? Dann werden von meinem Brustkorb zwei Röntgenaufnahmen gemacht. Der Arzt teilt mir mit, dass ich eine Lungenentzündung habe und überreicht mir vier verschiedene Medikamente. Zu meiner Überraschung brauche ich an das Hospital für die Behandlung und die Medikamente NICHTS bezahlen.
Die Panamericana Richtung Norden führt durch die trockene Wüste über Pässe und zum Teil an der zerklüfteten Küste entlang. Später biegen wir ab auf eine Piste, die aus Lehm besteht, der mit Salz vermischt wurde und dadurch gebunden und fest aber uneben wird. In der Wüste sehen wir Kakteen, Guanacos, Esel und Füchse laufen nahe der Piste umher. Wir erreichen Los Chorros am Pazifik, wo viele verfallene Häuser stehen. Von Los Chorros aus kann man sich mit dem Boot zum vor der Küste liegenden Insel-Nationalpark Pingüino de Humboldt bringen lassen. Aber das Wetter ist trübe und ungemütlich, Pinguine und Delfine abgereist. Da für die nächsten Tage sogar Regen angesagt ist, lassen wir die vierzig Kilometer teils rutschige Erdstraße hinter uns, bevor sie noch schlammiger wird. Am Wegesrand ärmliche Behausungen und daneben eine Ziegenherde, Hühner, ein Pferd und eine Sau. Die Menschen hier leben wirklich sehr einfach. Ein riesiger Unterschied zur Hauptstadt Santiago und den Touristengebieten südlich bis Puerto Montt.
Fortsetzung siehe unter Chile 8