Uruguay 2

 

Vom Departamento Cerro Largo bis Montevideo

(Fortsetzung von Brasilien 11)

 

25. Oktober bis 11. November 2016

 

Die entsprechenden Fotos zu diesem Bericht findet man am Ende des Textes.

 

Über die altertümliche Steinbrücke des Rio Jaguaráo überqueren wir die Grenze von Brasilien nach Uruguay. Hinter dem Ort Rio Branco erledigen wir die Formalitäten für uns und unser Fahrzeug bei der Immigracion und Aduana von Uruguay. Durch flache Weidelandschaft mit Schafen, Kühen und Getreidespeichern erreichen wir Laguna Merin. Der kleine Ort liegt an einem riesigen See, der je zur Hälfte zu Uruguay und zu Brasilien gehört. Hier begrüßen uns Melanie und Mathias mit ihrer einjährigen Tochter Paula. Die beiden netten Globetrotter haben wir vor zwei Jahren anlässlich der Fußball-WM auf dem Campingplatz Ecologico in Salvador da Bahia kennengelernt. Seit vier Jahren wohnen sie hier in ihrem Haus in dieser idyllischen abgelegenen Gegend. Wir verbringen dort einen schönen Tag und tauschen Reise-Erlebnisse aus.

 

Auf der Ruta 18 fahren wir weiter bis Vergara, wo die vielen schmucklosen Häuser wie fast überall durch die hohe Luftfeuchtigkeit mit schwarzem Schimmel außen bedeckt sind. In Uruguay ist viel weniger und viel ruhiger Verkehr, als in Brasilien und wir sehen erheblich mehr ältere Autos. Man lebt einfach in Uruguay. Auf der Fahrt Richtung Süden wird der Sturm so stark, dass wir uns entschließen, im kleinen Kaff José Pedro Varela halbwegs windgeschützt hinter Häusern die Nacht zu verbringen. Auf der Erdpiste Ruta 109 fahren wir Richtung Rocha. Wir fahren durch in Kurven hügeliges, dann bergiges Weideland mit hohen Büschen und vereinzelten Eukalyptusbäumen.

 

In La Paloma erreichen wir wieder den Atlantik. Dort stellen wir uns auf den riesigen prima geteerten Parkplatz beim Hafen, windgeschützt hinter den Bäumen und flachen Dünen. Auf den gepflegten Rasenflächen tummelt sich unter lautem Gekreische eine große Anzahl von kleineren grünen Papageien. Wir spazieren an den heruntergekommenen Gebäuden des großen Hafens und Marinehafens entlang. Hier hatte man wohl mal Großes geplant, was sich dann als teure Fehlinvestition erwiesen hat. Nur zwei große Lastschiffe und mittlere Fischerboote ankern hier, doch die großen Schiffe legen wohl woanders an. Daneben verrostete Schiffe. Bei endlich einmal wolkenlosem Himmel sitzen wir lange auf unseren Campingstühlen auf der Düne und genießen den weiten Panoramablick auf die Bucht von La Paloma. Dann fahren wir zum großen Campingplatz unter alten Kiefern, wo wir die einzigen Gäste sind. Der Platz ist sehr heruntergekommen, aber der fünfte Stromanschluss funktioniert dann doch endlich. Die anderen sind zerstört oder verrostet. Die Grillstellen und Waschbecken sind versifft, Rohrleitungen abgerissen. Die Dusche mit Warmwasser funktioniert sogar. Dafür zahlen wir umgerechnet 18 Euro, hauptsächlich zur Ver- und Entsorgung und zum Abstellen unseres RMB-Wohnmobils während einer Tour mit dem Motorroller. Mit dem Roller fahren wir dann durch den Ort La Paloma, am Leuchtturm vorbei und am langen Strand entlang. Einige Häuser sind ja recht nett, sogar mit Reetdächern. Je näher am Strand, desto teurere Villen, Hotels und Apartments sehen wir. Aber in zweiter und dritter Reihe geht’s dass qualitativ abwärts. Und es stehen viele Grundstücke und Häuser zum Verkauf. Wir beobachten die Surfer in den hohen Wellen und rollern dann weiter zum Leuchtturm. Anschließend surfen wir beim Deutschen Rüdiger in seinem Internet-Laden. Er ist vor zehn Jahren aus Deutschland ausgewandert und mit seiner Familie in Uruguay glücklich ist. Kurz danach kommt Willi aus Wolfsburg dazu, der seit zwei Jahren hier in La Paloma zufrieden lebt. Wir unterhalten uns lange über die Situation in Uruguay und Deutschland.

 

Am anderen Tag fahren wir mit dem Roller im Hinterland der Küste vierzig Kilometer zum Monumento Nacionál de Cabo Polonio. Eine halbe Stunde lang werden wir im großen alten Allrad-LKW durch die sandige Busch- Kiefern-Landschaft, durch Pfützen und über flache Dünen und am langen Sandstrand entlang zum Dörfchen Cabo Polonio geschaukelt. Dort haben sich außer einigen Fischern etliche Alternative in bunten Häuschen und geschäftstüchtige andere Leute an der langen Bucht weit verstreut niedergelassen. Es gibt einige einfache Restaurants, Souvenirläden, Cabanas und viele Bretterbuden. Alles macht einen außergewöhnlichen und netten Gesamteindruck. In der Hochsaison müssen hier viele Touristen sein. Wir wandern am Sandstrand und auf Millionen angespülter Muschelschalen entlang. Auf einer entfernten felsigen Insel sehen wir hunderte Seelöwen. Am Leuchtturm unterhalb der Felsküste können wir dann näher etwa hundert Seelöwen beobachten, die sich auf den Felsen räkeln und in der stürmischen See schwimmen. Andere spielen in der peitschenden Brandung. Einige ältere Seelöwen – mächtige Burschen – brüllen über alle anderen hinweg. Wir sitzen auf den Felsen und genießen dieses Spiel der Natur. In einem Restaurant kehren wir ein, bevor wir am Nachmittag mit dem Allrad-LKW zum Eingang und dem Piaggio-Motorroller zurück nach La Paloma fahren.

 

Die Küste in Faro José Ignacio ist mit vielen Häusern zugebaut und wir finden keinen guten Parkplatz. Ein Stück weiter an der Playa Brava finden wir hinter den Dünen ein nettes Plätzchen. Am Abend bildet sich dem Meer ein Gewitter. Schwarze Wolken ziehen über dem Leuchtturm in der Ferne auf und Blitze zucken. Das beeindruckende Wetterleuchten zieht sich etwa über zwei Stunden hin. Dann beginnt es auch über uns kräftig zu schütten und die Senke unter uns steht unter Wasser. Bei unaufhörlich starkem Regen vom Meer nutze ich anderntags die Gelegenheit, unseren verdreckten Camper nach vier Monaten mal wieder zu waschen. Wenig später fegen kalte Windböen fegen jetzt vom Land her über uns hinweg. Auf der Fahrt nach Punta del Este ist eine Fahrbahn vom stürmischen Meer in den letzten Tagen zum Teil am Rand weggespült. Später folgen viele Hochhäuser mit gepflegten Außenanlagen. Der neue riesige Trump-Tower wird gerade gebaut. In Punta del Este parken wir geschützt vor dem stürmischen Wind unseren Camper in einer Seitenstraße direkt beim Leuchtturm. Im Hafen kaufen wir frische Seezungen-Filets für das Abendessen. Dort liegen viele teure vor allem US-Amerikanische Yachten vor Anker, passend zum teuren Wohn- und Restaurant-Ambiente von Punta del Este. Einige große Seelöwen liegen am Kai oder tummeln sich im Wasser, in Erwartung von Fischresten, die ihnen von den Fischern zugeworfen werden. Von den brasilianischen Globetrottern Alvaro und Simone (www.artnic.com.br) werden wir angesprochen. Sie haben in ihrem riesigen schwarzen Wohnmobil neben dem Casino übernachtet. Auf unbegrenzte Zeit reisen sie durch die Welt.

 

In Piriápolis hat der Sturm der vergangenen Tage die massive alte Mauer zum Teil zerstört und die Straße dahinter unterspült. Die zerstörten einfachen Buden der Stände der Fischer mit ihren Kühlschränken und anderem Inventar werden gerade abgebaut. Wir stellen unseren Camper an der geschützteren Seite der Strandpromenade ab, wo viele Menschen mit Becher und Kanne in der Hand entlang laufen und auf den Bänken sitzen und ihren Mate-Tee trinken. Das ist hier in Uruguay genauso Tradition wie in Argentinien. Mit unserem Roller fahren wir auf der schlaglochreichen Ruta Panoramica (Ruta 60) in die hügelige Landschaft der Sierra das Animas. Ich fahre aus Sicherheitsgründen nicht schneller als 60 km/h, weil ich der Haltbarkeit des asiatischen Schlauchventils nicht traue. Weide-Landschaft, Buschwerk und Eukalyptusbäume und weit verstreute Bauernhäuser bestimmen das grüne Gesamtbild. Auf der Rückfahrt kommen wir plötzlich ins Schlingern, aber ich kann den Roller trotzdem gut zum Stehen bringen. Anscheinend ist wie beim letzten Mal die Verbindung vom Schlauch zum Ventil plötzlich gerissen und führte zum sofortigen Platten. Da stehen wir nun in der Pampa-Landschaft. Der Kleber des argentinischen Reparatur-Kits ist eingetrocknet. Nach längerem Warten kann ich mit verschiedenen Bussen zu unserem Wohnmobil kommen und dann Tina mit dem Roller abholen. Als wir später weiter nach Piriápolis fahren, hören wir aus dem Motorraum ein schleifendes Geräusch. Ich halte sofort und stelle fest, dass der vor zwei Wochen und tausend Kilometern aufgezogene neue Keilriemen sich teilweise schon aufgelöst hat. Entweder hat der letzte Mechaniker-Chaot den Keilriemen schon beim Aufziehen angekratzt, oder eine der Führungsrollen beschädigt. So verursachten diese „Experten“ bei der Beseitigung des einen Schadens gleich den nächsten. Some days are diamonds, some days are stones. Ich entferne den herunter hängenden Teil des Keilriemens und hoffe, dass der verbleibende Rest bis Deutschland hält. Werkstattbesuche will ich in Südamerika aufgrund vieler negativer Erfahrungen möglichst vermeiden, wechsele den Keilriemen im Ernstfall am besten selbst.

 

An der Playa Verde stellen wir unseren Vagabundo vor die Dünen in der Nähe einiger kleiner Ferienhäuser. Wir fragen eine Anwohnerin, ob sie damit einverstanden ist. „Si“ sagt sie. Beim Strand-Spaziergang stellen wir fest, dass auch hier durch den Sturm viel Sand weggespült worden ist und riesige Flächen von Muschelschalen bedeckt sind. Dann genießen wir den orange leuchtenden Sonnenuntergang. Als wir auf dem Campingplatz Paraiso Suiza ankommen, stehen auf dem Campingplatz bereits einige andere Wohnmobile. Außerdem stehen dort etwa 25 abgestellte Fahrzeuge von Globetrottern, die zurzeit auf Heimaturlaub sind. Zu 90 % sind es Expeditionsmobile oder Fahrzeuge mit Allradantrieb. Wir werden herzlich von den Campingplatz-Besitzern Silvia und Heinz begrüßt, die uns von unseren letzten Besuchen noch kennen. Die beiden sind wirklich ausgesprochen nette Gastgeber. Hier stehen auch schon seit Mittwoch Angelika und Peter sowie der Schweizer Reto, die vor ein paar Wochen in Garupaba getroffen haben sowie die Brasilianer Alvaro und Simone. Wir unterhalten uns mit unseren Nachbarn Bärbel und Jens, die mit ihrem neuen Fahrzeug viel Pech hatten, sowohl mit dem Mercedes Sprinter als auch mit dem Fehntjer-Aufbau. Hinzu kamen negative Erlebnisse in südamerikanischen Werkstätten (www.panamericana-in-etappen.de). Bis spät in die Nacht haben wir angeregte Gespräche über unsere Reise-Erlebnisse in Südamerika.

 

In den folgenden Tagen packen wir unsere Sachen für die Verschiffung und Tina nutzt diese letzte Gelegenheit zum Brotbacken. Wir erreichen Montevideo und treffen unsere Tochter mit ihrem Freund, die drei Wochen durch Argentinien und Chile gereist sind. Dann verabschieden wir uns und fahren unser Wohnmobil ins Innere des riesigen Frachtschiffes GRANDE BRASILE. Wenn alles nach Plan läuft, sollen wir am 10. Dezember 2016 im Hamburger Hafen ankommen.

 

Die aktuelle Position der GRANDE BRASILE kann im Internet unter www.vesselfinder.com/de/?imo=9198123 verfolgt werden.

 

Fortsetzung im nächsten und letzten Reisebericht unter „Verschiffung Montevideo bis Hamburg“ bis Ende Dezember 2016.