Bolivien 9
In den Fängen bolivianischer Werkstätten und Behörden
Fortsetzung von Peru 2
Vom 21. November 2015 bis 20. Januar 2016
Die entsprechenden Fotos zu diesem Bericht befinden sich am Ende des Textes.
Mit unserem nicht fahrbereiten RMB-Wohnmobil sitzen wir im bolivianischen Grenzort Desaguadero fest. Unter dem Bericht „Peru 2“ könnt Ihr lesen, welche unglaublichen Erfahrungen wir in den Werkstätten Perus bisher machen konnten. Und es ist noch kein Ende in Sicht, wann unser Mercedes wieder fahren wird.
Beim bolivianischen Zoll holen wir uns die Einfuhrgenehmigungen für unsere Fahrzeuge. Hier an der Grenze in Desaguadero findet ein unaufhörlicher reger Warenverkehr statt, vor allem mit Lastfahrrädern, die hoch bepackt sind. Von Peru bringen die Leute massenweise Kartoffeln nach Bolivien, von Bolivien massenweise Ziegelsteine nach Peru. Außerdem natürlich viele andere Waren. Alles bewegt sich an unserem Wohnmobil vorbei, das direkt hinter der Grenzschranke steht. Dazwischen drängen sich Fahrräder, Rikschas, Autos, Tuk Tuks, Fußgänger und ab und zu ein riesiger Bus, der gerade so an unserem Camper vorbei kommt. Weit und breit ist kein bolivianischer Abschleppdienst zu sehen. Am Nachmittag lassen wir bei der Abschleppfirma in La Paz anrufen. Diese sagt, sie hätte an der bolivianischen Grenze in Desaguadero gewartet, hätten uns nicht gesehen und seien dann zurückgefahren. Ich sage ihm, dass ich inzwischen herausgefunden habe, dass es hier in Desaguadero zwei Grenzübergänge gibt und wir an dem direkt in der Stadt stehen. Deshalb war der Abschleppdienst also am Samstag nicht hier, er hat am anderen Grenzübergang gewartet. Anscheinend wusste auch er nicht, dass es hier zwei Grenzübergänge gibt. Ernesto Hug organisiert, dass morgen um 10 Uhr der Abschleppwagen hier sein wird. Außerdem sein Freund Nestor mit seinem Jeep.
Schon um 4:30 Uhr ist am Dienstag draußen ein geschäftiges Treiben. Die ersten Stände für den heutigen großen Markt werden aufgebaut. Ein Riesenangebot nicht nur auf der Hauptstraße, sondern auch in den erdigen Nebenstraßen. Klamotten, Gemüse, Haushaltswaren, Hähnchen. Dazwischen sitzen Frauen direkt an der Straße und bieten ihre Waren an.
Auf der Suche nach dem Abschleppwagen gehe ich zur Umgehungsstraße am Ortsrand, wo Victor und sein Kollege in einem riesigen Abschleppwagen mit Kranhaken warten. Für dieses Monstrum gibt es hier im Ort kein Durchkommen. Wir fahren zu Dritt mit dem Jeep durch die enge Hauptstraße zum Camper. Dort verbinden wir mit unserer Abschleppstange die beiden Fahrzeuge. Nestor schleppt uns dann mit dem Jeep vorsichtig an den bis auf die Straße ragenden Marktschirmen vorbei zum Abschlepp-LKW. Victor und Beifahrer lassen dann den Haken per Kran herunter und befestigen den Camper dort professionell. Dann heben sie den Camper vorn an, so dass er nur noch auf den Hinterrädern rollt. 120 km Abschleppstrecke liegen vor uns. Wir werden im Tempo von 50 km/h am südlichen Ende des Titicaca-Sees und über die Hügel gezogen. Ganz vorsichtig fährt Victor über die Straßenschwellen (Lomos) und durch die riesigen Schlaglöcher von El Alto. Endlich sind wir bei der Werkstatt Eduardo. Dort bugsiert Victor mit seinem riesigen LKW den Camper rückwärts über die Bordsteinkante und durch die enge Toreinfahrt perfekt in die freie Parklücke unter dem Dach. Alle Achtung! Das war Spitze! Wir zahlen für das Abschleppen und sind erleichtert, endlich hier zu sein. Das hätten wir vor fast 3 Monaten nicht gedacht, dass wir mal gern in das hässliche El Alto zurückkehren. In dieser Millionenstadt, wo doch große Kriminalität hier herrschen soll. Zum ersten Mal haben wir das Gefühl, dass unser Mercedes in guten Händen ist. Hoffentlich werden wir nicht enttäuscht. Auch der Chef Eduardo ist sehr nett. Eduardo und der aus der Schweiz stammende Ernesto Hug telefonieren miteinander und Ernesto übersetzt für uns beide.
Am nächsten Tag fahre ich mit dem Roller runter nach La Paz zu Ernesto Hug und bedanke mich ganz herzlich für seine Unterstützung. Ohne ihn säßen wir wohl mit dem Camper ewig in Puno in Peru fest. Die Mechaniker haben bis 12 Uhr gearbeitet und die Einspritzpumpe zur Überprüfung ausgebaut. Am übernächsten Tag bauen sie die Einspritzpumpe wieder ein. Anschließend versuchen sie mehrfach, den Motor zu starten. Nach dem Anlassen läuft unser Motor einige Minuten sogar sehr rund. Hört sich gut an. Wieder haben wir Hoffnung. Am nächsten Tag versuchen Eduardo und ein älterer Mechaniker (der 21. Mann) immer wieder, den Motor zu starten. Erfolglos. Das gibt’s doch nicht! Gestern lief er doch hervorragend. Es ist deprimierend. Zu dritt stehen sie nun vor dem Fahrzeug und beratschlagen. Sie scheinen ratlos, wir haben keine Hoffnung mehr. Nimmt diese Geschichte denn kein Ende? Die Mechaniker testen noch den Turbo, der scheint in Ordnung zu sein. Dann geben sie ratlos um 11 Uhr auf.
Jetzt ist erstmal Wochenende. Wir machen einen Ausflug mit dem Roller 70 km zu den Ruinen von Tiwanaku und gewinnen etwas Abstand von den Problemen. Am Montag um 9 Uhr kommt Mechaniker Pieter und baut irgendwas am Kühler. Dann füllt er Getriebeöl nach. Beide Mechaniker versuchen zu starten. Der Motor läuft kurz, geht dann aus. Alles wie immer, das kennen wir schon seit 7 Wochen. Erst am Nachmittag kommen sie wieder und starten, ohne Erfolg, beide rätseln herum. Dann packen sie ihr Werkzeug zusammen und verschwinden. Nun beginnt es kräftig zu regnen, das passt zur Lage. Wo sind die letzten sieben Wochen geblieben? Ohne Fahren zu können, haben wir den ganzen November und zuvor den halben Oktober in unserem luxuriösen Knast verbracht, mit zeitweisem Freigang. Am Nachmittag kommt Pacifico und fängt an, unter dem Camper rumzubasteln. Am nächsten Tag sagt er etwas von „Problemas“. Das ist für uns nichts Neues. Probleme haben wir schon seit fast 2 Monaten. Er und zwei andere Mechaniker liegen dann beengt unter dem Camper. Den haben die noch nicht einmal aufgebockt. Anscheinend bauen sie nun das Getriebe und den Turbo aus. Getriebeöl fließt aus und nun ist eine große Öl-Lache unter dem Camper. Ohne Getriebe machen sie dann mehrere Startversuche. Erfolglos! Dann bauen sie die Ventildeckeldichtung aus.
So geht das nicht weiter. Diese Geschichte muss endlich ein Ende finden. Wir, vor allem Tina hat ständig Kopfschmerzen (Aspirin hilft zum Glück) und Atemprobleme (da seit 8 Wochen in Höhen um 4.000 m), müssen erstmal raus aus Bolivien. Wir planen fünf Wochen Weihnachtsurlaub bei der Familie in der Heimat. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Roller runter nach La Paz und buchen in der Kuchenstube per WIFI kurzfristig unsere Flüge nach Hamburg.
Am Tag darauf beginnen die Mechaniker, das Getriebe wieder einzubauen, bis nach 12 Uhr. Sie sind am Stöhnen. Dann draußen Reparaturgeräusche bei Dauerregen. Immer wieder stellen sie am Motorblock etwas ein. Dann erfolgloses Starten mit Starthilfe-Spray. Um 18:15 Uhr dann Ruhe. Wir stellen daher wieder den Fahrersitz nach vorn, schließen die innere Motorabdeckung und bauen den Tisch auf. Kurz danach klopft es. Also alles wieder zurück stellen. So geht das schon seit 7 Wochen. Über 80 Mal habe ich schon zum Motorraum hin alles freigemacht und dann wieder zurück gestellt. Wir leben doch schon seit Wochen auf einer Baustelle. Wie kann ich nur so ruhig bleiben? Etwa 500 Startversuche mit viel Dieselqualm im Fahrzeug haben wir hinter uns. Auch am nächsten Tag sind mehrere Startversuche erfolglos. Auch die anderen Einstellungen am Motorblock bringen nichts. Dann verbinden sie die Spritleitungen des Campers mit einem vollen Kanister ihrer Firma. Nach einigen Startversuchen läuft der Motor immer besser rund. Wir haben die Hoffnung, dass das Problem nur an der Dieselzufuhr vom Tank zum Motor liegt. Nachdem der Motor 30 Minuten prima rund läuft, sagt Eduardo, dass wir eine Probefahrt machen sollten. Tina weist die beiden darauf hin, dass sie aber zuerst die Antriebswelle wieder einbauen müssen, die schon seit zwei Wochen draußen rumliegt. Eduardo füllt dann 3 Liter Getriebeöl ein. Der vierte Liter kommt von mir, weil sie nicht mehr genug in der Werkstatt haben. Wir fahren los, der Mercedes läuft zunächst normal, geht aber nach ein paar Kilometern immer wieder aus. Mit Müh‘ und Not kommen wir zurück zum Werkstattgelände. Eduardo und die beiden anderen Mechaniker sind mal wieder ratlos und machen um 11:30 Uhr Feierabend.
Gut, dass wir unsere Flüge schon gebucht haben und dieses Debakel hinter uns lassen können. Wir geben Eduardo einen Zettel, auf dem in Spanisch steht, dass er die Reparatur bis zum 27. Dezember erledigen soll. Dazu der Hinweis, dass unsere Bolivien-Genehmigung für das Fahrzeug am 7. Januar abläuft und das Fahrzeug dann das Land verlassen muss. Dann fliegen wir nach Deutschland in die Heimat, um die Weihnachtszeit und insgesamt 6 Wochen bei der Familie und Freunden zu verbringen. Wir hoffen, dass in dieser Zeit der Mercedes repariert werden kann. In Deutschland sprechen wir mit verschiedenen Mercedes-Werkstätten. Wir bekommen zusätzliche Informationen und schicken sie per Fax an die Werkstatt von Eduardo (Einstellung der Steuerkette und Überprüfung der Kraftstoffförderpumpe). Nachdem wir den ADAC eingeschaltet haben, bekommen wir von den Mechatronikern Genahl und Groß unabhängig voneinander jeweils stundenlange ausführliche Tipps, wo die Probleme liegen können, wie diese beseitigt und der Motor wieder zum Laufen gebracht werden kann. Dafür herzlichen Dank!
Außerdem beantragen wir per E-Mail und per Express-Post beim bolivianischen Zoll (Aduana) eine Verlängerung der Einfuhrgenehmigung für das Wohnmobil und den Motorroller um 3 Monate. Da die Werkstatt von Eduardo bis zum von uns gesetzten Termin 27. Dezember den Mercedes in 5 Wochen auch nicht reparieren konnte, teilen wir ihnen mit, dass sie weiter nichts unternehmen sollen. Nun reicht es uns. In 2 ½ Monaten haben es 5 verschiedene Werkstätten mit insgesamt 21 Mechanikern in Peru und Bolivien nicht geschafft, unseren Mercedes 410 Diesel zu reparieren. Wir bitten Mercedes in Stuttgart per E-Mail, uns einen ihrer Mechaniker zur Verfügung zu stellen, der mit uns nach Bolivien fliegt, um das Fahrzeug zu reparieren. Die junge Dame in Stuttgart verweist uns aber lediglich an die Mercedes-Vertretung in Santa Cruz/Bolivien. Mercedes Santa Cruz wiederum bittet uns um die Fahrzeugdaten und gibt diese am 29. Dezember an die Firma A. in La Paz weiter. Jetzt sind wir gespannt, ob die von Mercedes Deutschland beauftragte Firma dazu in der Lage ist, ein Mercedes-Fahrzeug zu reparieren.
Bolivianischer Zoll droht, unser Fahrzeug zu konfiszieren
In Deutschland ergibt sich aber ein zusätzliches großes Problem: Am 07.01.2016 erhalten wir eine E-Mail von der Aduana Nacional (Zoll) in La Paz. Dort ist unser Brief inzwischen angekommen. Unser Antrag auf Verlängerung der Genehmigung der Fahrzeuge für Bolivien wird von der Mitarbeiterin R. abgelehnt, weil
a) wir nicht persönlich bei der Aduana erschienen sind
b) keine Bestätigung der Werkstatt vorliegt, dass das Fahrzeug dort zur Reparatur steht.
Eine Verlängerung wird von R. nur für 5 Tage gewährt. Wenn das Fahrzeug nicht bis zum 12.01.2016 Bolivien verlassen hat, wird es konfisziert. Anscheinend hofft R., dass wir in der kurzen Zeit nicht reagieren können. Unsere Tochter ist zum Glück perfekt in Spanisch und teilt schriftlich der Aduana mit, dass wir in Deutschland sind, um die nötigen Ersatzteile zu besorgen. Wir erinnern daran, dass das Fahrzeug zur Reparatur steht und beantragen nunmehr eine Verlängerung der Genehmigung wenigstens bis zum 30.01.2016. Wir würden dann persönlich bei der Aduana Nacional in La Paz erscheinen und die Bestätigung der Werkstatt mitbringen. Am 08.01.2016 antwortet R. von der Aduana Nacional, dass auch der Antrag auf Verlängerung der Genehmigung bis zum 30.01.2016 abgelehnt wird. Wir rufen bei ihr an und schildern nochmals unsere Situation. R. sagt, wenn bis heute um 16:00 Uhr die Werkstatt ihre Bestätigung mit den detaillierten Fahrzeugdaten vorlegen würde, könnte dem Antrag entsprochen werden. Wir sprechen vorher mit Eduardo von der Werkstatt und schicken ihm dann die Bestätigung per E-Mail. Eduardo ruft daraufhin bei R. an, um die unterschriebene Bestätigung rechtzeitig vorbeizubringen. Diese sagt ihm nunmehr, dass sie auch bei Vorlage der Bestätigung keine Verlängerung erteilen würde. Unsere Vermutung bestätigt sich, dass R. auf eine Beschlagnahmung unseres Wohnmobils hofft.
Am 08.01.2016 teilt uns die Deutsche Botschaft in La Paz mit, dass sie uns dringend rät, das Fahrzeug ins Ausland abschleppen zu lassen. In einem anderen Fall wurde im letzten Jahr das Fahrzeug von den Zollbehörden beschlagnahmt. Eine Intervention der Deutschen Botschaft war damals erfolglos. Ansonsten sollten wir einen Rechtsbeistand nehmen. Jetzt müssen wir schnell reagieren: Am 10.01.2016 fliege ich kurzfristig von Deutschland nach La Paz, um die Verlängerung der Genehmigung zu bekommen. Der Beamte der Immigración fragt, wieviel Tage ich bleiben möchte. Ich sage dreißig Tage. Der Beamte drückt den Stempel in meinen Reisepass. Am 12.01.2016 läuft die fünftägige Verlängerung der Genehmigung ab. Also erscheine ich heute mit Ernesto und Eduardo persönlich bei R. von der Aduana. Diese genehmigt keine Verlängerung, obwohl ich doch nun wie gewünscht persönlich anwesend bin, die Bestätigung von der Werkstatt Eduardo vorliegt und Eduardo auch persönlich hier ist. Jetzt argumentiert sie, Tina und ich hätten Bolivien nicht ohne die Fahrzeuge verlassen dürfen. Ernesto erwidert, dass Ausländer diese Bestimmung doch gar nicht kennen würden und wir auch keinerlei Informationen darüber bekommen hätten. R. lässt sich jedoch nicht umstimmen. Die will uns einfach abblitzen lassen.
Aber so schnell geben wir nicht auf. Ernesto vermittelt mir umgehend einen zuverlässigen Rechtsanwalt, der früher selbst bei der Aduana gearbeitet und dorthin noch Verbindungen hat. Es muss noch heute alles getan werden, dass die Verlängerung gewährt wird, sonst wäre meine Anreise umsonst gewesen. Andererseits weiß ich aber immer noch nicht, ob unser Mercedes überhaupt repariert werden kann. Jetzt aber sind wir vollends in den Fängen der bolivianischen Bürokratie. Ich gebe dem Rechtsanwalt sämtliche Dokumente. Das Gespräch müsse umgehend bei der Aduana stattfinden, weil heute die Verlängerung der Genehmigung abläuft. Die Zeit drängt, weil R. nur bis 16 Uhr im Dienst ist. Dichter Stadtverkehr, ehe wir auf die Autopista nach El Alto kommen. Auch in El Alto dichter Verkehr, so dass wir gerade um 16 Uhr das Auto abstellen können und um 16:15 Uhr erst bei der Aduana erscheinen. Zum Glück ist R. noch da. Nach 30 Minuten werden wir nach oben in das Büro ihres Vorgesetzten gebeten, wo R. bereits sitzt. Es gibt eine ausführliche Diskussion, doch R. bleibt bei ihrer Ablehnung. Jetzt plötzlich argumentiert sie, dass auf meinem Reisepass zwar der Einreisestempel vom 11. Januar ist, aber vom Zollbeamten nicht eingetragen wurde, für wieviel Tage ich im Lande bleiben darf. Müssen wir ausländische Touristen noch darauf achten, dass der Beamte der Immigración seine Arbeit richtig macht? Ihr Vorgesetzter versucht, R. zu überzeugen. Schließlich einigt man sich darauf, dass wir am Freitag eine neue Bestätigung von Eduardo und eine Bestätigung von mir vorlegen.
Am 14.01.2016 lässt mein Rechtsanwalt bei der Immigración in meinen Reisepass eine Genehmigung für 60 Tage eintragen. Am 15.01.2016 sagen die beiden Mechaniker (Nr. 23 und 24) der Firma A. nach dem kompletten Aus- und Einbau des gesamten Getriebes, alles sei in Ordnung. Auch der Motor sei in Ordnung. Nur der Mercedes läuft nicht. Um das festzustellen, haben sie 2 Wochen gebraucht. Der Fehler ist damit aber noch nicht gefunden und nicht beseitigt. Eduardo und seine Leute starten den Motor nach einigen Versuchen und gemeinsam mit mir machen sie eine Probefahrt um ein paar Straßenblocks. Der Motor geht immer wieder aus. Als wir wieder am Werkstattgelände ankommen, sind drei Männer in schneeweißen Hemden von Mercedes Santa Cruz da. Offensichtlich hat unsere gestrige drohende E-Mail gewirkt und sie sind gleich mit dem Flugzeug gekommen. Dann erklären sie Eduardo, was er bei der Einstellung der Steuerkette machen soll. Warum beseitigen die von Mercedes Deutschland beauftragten Mechaniker den Fehler nicht selbst? Eduardo hat aber trotz schriftlicher Mercedes-Informationen keine Ahnung, wie die Steuerkette einzustellen ist. Stundenlang versucht er am nächsten Tag, wenigstens die richtige Einstellung der Einspritzpumpe zu finden. Am Nachmittag fängt es an zu regnen und es ist Feierabend. Wird unser Camper jemals wieder richtig fahren? Alles ist ungewiss, wie bereits seit 3 Monaten. Am nächsten Tag stellen die beiden Mechaniker von Eduardo weiter an der Einspritzpumpe herum. Nach einer Stunde setzt sich Eduardo plötzlich ans Steuer und wir machen eine Probefahrt von über 20 km. Und siehe da, der Camper fährt normal.
ENDLICH, NACH 96 TAGEN und 24 MECHANIKERN!!!
Schon in Puno hätten Pedro und seine Leute die richtige Einstellung der Einspritzpumpe finden müssen. Aber sie haben alle keine Ahnung davon, denn diese Reparatur war offensichtlich reine Glückssache. Und da sagen uns die Automechaniker in Deutschland, ein Mercedes 410 D sei von jedem Dorfschmied zu reparieren …
Am 18. Januar kommt Tina aus Deutschland und bei der Aduana legen wir ihren Reisepass sowie die restlichen Unterlagen unseres Rechtsanwalts vor. Daraufhin erhalten wir von R. eine Genehmigung für unsere beiden Fahrzeuge bis zum 21. Februar. Wir bezahlen den Rechtsanwalt und bedanken uns nochmals bei Ernesto Hug für seine unschätzbare Hilfe. Ohne seine umfangreiche Unterstützung hätten wir die Reise mit unserem Wohnmobil nicht mehr fortsetzen können. Und herzlichen Dank an unsere Tochter, denn ohne sie hätten wir die Anträge bei der Aduana überhaupt nicht formulieren können.
Am 19. Januar bekommen wir von Eduardos Werkstatt und von der Firma A. gepfefferte Rechnungen. Wofür eigentlich? Wir verhandeln stundenlang und ich rechne vor, dass da einiges nicht zusammen passt und wir zahlen knapp 60 %, was immer noch zu viel ist.
Am 20. Januar fahren wir endlich unter blauem Himmel, vorbei an schroffen Bergen, Lama-Herden und Alpakas auf den schneebedeckten 6542 m hohen Sajama zu und verlassen Bolivien.
Diese unglaubliche Geschichte haben wir deshalb veröffentlicht, damit andere Reisende nachvollziehen können, welche Probleme bei einer Reise durch Südamerika auftreten können. Sie soll auch klar machen, dass die viel gelobten Improvisations-Künste südamerikanischer Automechaniker ihre Grenzen haben. Die Informationen über die bolivianischen Behörden sollen helfen, in einem ähnlichen Fall richtig zu reagieren.
Wie heißt es doch so schön:
Das Leben wäre langweilig ohne Hindernisse!"
Fortsetzung unserer Reise siehe unter Chile 3.