Bolivien 8
Von La Paz bis zum Titicacasee
09. bis 14.10.2015
Fortsetzung von Bericht Bolivien 7
Die Fotos zu diesem Bericht findet man am Ende des Textes.
Gegen 10 Uhr fahren wir mit unserem RMB Wohnmobil Richtung La Paz, kommen aber schon bald mitten rein ins Verkehrsgewühl. Im Zentrum, genau auf unserem Weg auf der Hauptstraße ist eine große Demonstration, 900 m vor unserem Ziel der Autopista von La Paz hinauf nach El Alto. Der Verkehr wird umgeleitet auf die kleinen engen Straßen der Altstadt, überall steht Polizei. Viele Autos und Micro-Busse drängeln und hupen. Ganz eng geht es zu, und wir dazwischen mit unserem Wohnmobil. Zudem nehmen sich immer wieder die vielen Fußgänger das Recht, plötzlich vor uns die Fahrbahn zu überqueren. Alles ist dicht. Eine Umleitung geht nach rechts, doch die Straße ist zu steil, die schaffen wir mit unseren 122 PS, 4 ½ Tonnen nicht. Später ist auch die zur RN 1 führende Nebenstraße für uns zu steil. Wir rollen langsam zurück und ich drehe um. Verflixt, kommen wir denn überhaupt nicht aus diesem Kessel raus? Wir übernachten auf dem Stellplatz des Hotel Oberland, wo bereits ein die Fahrzeuge von anderen Globetrottern stehen.
Am nächsten Tag um 6 Uhr starten wir und kommen gut durch die Innenstadt und dann immer bergauf per Autopista La Paz – El Alto. Dabei sehen wir, wie Jogger bergauf rennen und sich ein Fahrradfahrer hier auf 4000 m hinauf quält. Alle Achtung! Wir halten später und sprechen einige Zeit mit Juan aus Spanien, der mit seinem Fahrrad bereits 2 Jahre und 10000 km unterwegs ist. El Alto Wir drängeln uns mit vielen Micro-Bussen durch das Markttreiben von El Alto, das bis an den Straßenrand reicht. Hier in der Aymara-Stadt El Alto wohnt die arme Landbevölkerung Boliviens, die ihre Dörfer verlassen hat um hier ein – vermeintlich – besseres Leben zu führen. Immer wieder kreuz und quer Gedrängel und Gehupe. PKW haben das Dach hoch mit Möbeln beladen. Die Micro-Busfahrer sind wirklich die wildesten Straßencowboys von Bolivien. Sie kennen anscheinend nur Gaspedal, Hupe und Lichthupe, blinken wann sie wollen, ständig mit Warnblinkanlage oder gar nicht. Sie zeigen die falsche Richtung an, mogeln sich ohne Anzeige in den laufenden Verkehr oder stoppen ganz plötzlich. Rücksicht gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gibt es so gut wie nicht.
Wenn Fußgänger über die Straße gehen, müssen sie sich beeilen, denn der Autofahrer drückt höchstens kurz vorher auf die Hupe aber nicht auf die Bremse. Allmählich gewöhnen uns jedenfalls auch daran. Trotzdem wundern wir uns, dass wir hier keinen Unfall gesehen haben. Bloß raus aus dieser hässlichen Stadt! Doch zu früh gefreut. Vorher geht es über holprige Straßen mit vielen Lomos und über eine Umleitung mit tiefen Schlaglöchern von einem Meter Durchmesser. Dafür bewundern wir später auf einer Strecke von 60 km Richtung Westen in der Ferne bei wolkenlosem Himmel den Huayna Potosi (6088 m), den Ancohuma (6427 m) und die anderen gletscherbedeckten Gipfel der Cordillera Real. Ein unvergleichliches Bild. Frauen ziehen an Stricken Rinder hinter sich her. Direkt neben der Straße sehen wir, wie gerade ein Rind geschlachtet wird.
Achacachi
Der unansehnliche Ort Achacachi ist pures Bolivien mit kleinsten Spezial-Läden, Marktständen, Tuk-Tuks, Rikschas, schlechten Straßen und vielen traditionell gekleideten Indio-Frauen. Es gibt große, tiefe Schlaglöcher und hohe Lomos. Anscheinend gibt es auch hier keinen Regenwasserkanal, dafür unglaublich tiefe Regenrinnen und fehlende Kanaldeckel. Wir schlendern noch zum nahegelegenen Markt, wo viele historisch gekleidete Indio-Frauen vom Stamm der Aymara vor ihren Ständen sitzen. Die Aymara leben hier in der Umgebung des Lago Titicaca und sprechen unter sich immer noch ihre jahrhundertealte Aymara-Sprache. Am Sonntag sind die Straßen im Zentrum von Achacachi vollgebaut mit dem riesigen Markt der Campesinos (Bauern). In Flussnähe am Viehmarkt sind neben uns etwa 10 Schafe liegend mit den Füßen aneinandergebunden und blöken. Einem nach dem Anderen schneidet eine Frau mit dem Messer die Kehle auf und das Blut fließt in Strömen. Einige Schafe sind bereits verendet und enthäutet, die Eingeweide liegen auf einem Haufen. Das Fleisch wird gesondert in der Morgensonne gelagert.
Fahrt nach Sorata
Auf geteerter leicht ansteigender Straße fahren wir dann bei herrlichem Wetter zunächst noch an den Feldern der Aymara vorbei. Direkt vor uns im Norden breitet sich das gewaltige Massiv der Cordillera Real, der Königskordillere aus. Es wird beherrscht vom gletscherbedeckten 6368 m hohen Illampu. Er zeigt sich zunächst noch wolkenfrei, doch schon bald kommen von Westen dichte Wolken. Mit 30 km/h tuckeln wir hinauf zum 4200 m hohen Wollata-Pass, der von leichten Wolken eingehüllt ist. Es ist eine karge Berglandschaft, die nur vom widerstandsfähigen Ichu-Gras bewachsen ist. Je weiter wir nun gemütlich bergab rollern, desto mehr lösen sich die Wolken auf und uns bieten sich tolle Ausblicke auf die gegenüberliegenden Berge und in die Täler. Abgeschiedene kleine Indiodörfer schmiegen sich an die Berghänge, umgeben von Feldern. Wir sind erstaunt, dass hier in Höhen um 4000 m noch Landwirtschaft betrieben werden kann. Aber die Böden scheinen fruchtbar zu sein und die Menschen sind hartes Arbeiten in diesen Höhen und unter diesen widrigen Wetterbedingungen gewöhnt. Wir sehen sie beim Kartoffelpflanzen an den steilen Hängen und haben selbst schon Atemprobleme, wenn wir zum Fotografieren nur mal 20 m einen Hang hinauf gehen. Später sehen wir den 15000-Einwohner-Ort Sorata, der sich aus dem Tal den Berghang hinauf erstreckt. Er gilt als einer der schönsten gelegenen Orte Boliviens. Bevor wir Sorata erreichen, zieht sich die Straße aber noch an steilen instabilen Berghängen entlang, von denen große Teile abgebrochen sind und die Fahrbahn zur Hälfte blockieren. Immer wieder liegen Felsbrocken auf der Straße. Kleine Gehöfte befinden sich an den unteren Hängen und mit Ochsengespannen werden die Felder gepflügt. An der gepflegten Plaza von Sorata stellen wir unseren Roller ab und genießen mit den Einheimischen die nette Atmosphäre. Von der Plaza führen enge, gepflasterte Gassen in alle Richtungen. Wir fahren noch 8 km weiter und 300 Höhenmeter hinunter zur Höhle von San Pedro. Ich besichtige diese interessante und recht ordentlich beleuchtete Höhle. Drinnen befindet sich sogar ein kleiner langgezogener See, auf dem man mit Booten fahren kann. Danach tuckern wir in vielen Kehren mit manchmal nur 20 km/h bergauf, wo sich inzwischen wieder Wolken in 4200 m Höhe zusammengezogen haben.
Nach Copacabana
Wir fahren an Manoa vorbei, dann liegt blaugrün schimmernd der Lago Titicaca vor uns. Während einer Mittagspause genießen wir den Blick auf die Buchten mit vereinzelten Bauernhöfen und den angrenzenden fruchtbaren Ackerflächen. Dahinter im Osten ragen hinter der Cordillera Munecas die gletscherbedeckten Bergriesen der Cordillera Real auf. Was für eine Landschaft! Dann sehen wir vor uns die enge Seepassage, die die Peninsula de Huata von der Peninsula Copacabana trennt. Unten in San Pablo de Tiquina warten Busse und Autos auf die Verschiffung zur anderen Seite, von wo andere Fahrzeuge hier ankommen. Wir rollen vorsichtig über die dicken alten Bretter auf ein Holzfloß, auf dem nur unser Camper und ein Auto Platz haben. Mit einer langen Holzstange stößt ein Fährmann das Floß vom Ufer ab, dann steuert der alte Steuermann die Jolle konzentriert rüber zur anderen Seite nach San Pedro de Tiquina. Weiter geht‘s hinauf auf einen Bergrücken der Copacabana-Halbinsel. Auf etwa 40 km Traumstraße blicken wir zu beiden Seiten des Titicacasees. Hinter jeder Kurve bietet sich unter wolkenlosem Himmel ein neues phantastisches Panorama auf den tiefblauen See und die Berge in der Ferne. Uralte, teils noch bewirtschaftete Terrassenanlagen erstrecken sich an den steilen Ausläufern der Halbinsel. Das ist wirklich eine der schönsten Straßen Boliviens. Dann geht es stetig bergab nach Copacabana, dem bekanntesten Wallfahrtsort Boliviens. An der Plaza, Basilica Virgen de la Candelarie (Maria Lichtmess) parken wir für die Nacht. Über viele Treppen geht’s steil bergauf zum Cerro Calvario. An 14 Kreuzstationen vorbei geht es bis auf 4016 m zum Gipfel. Im Norden können wir einen Teil der Isla del Sol erkennen, von der einzelne Ausflugsboots gerade zurückkehren. Vom Kalvarienberg bietet sich uns ein großartiger Ausblick auf den Ort Copacabana und den Strand. Wir sind genau zur richtigen Zeit hier oben, denn über dem Titicacasee geht schon bald auf der anderen Seite ganz allmählich die Sonne orangeleuchtend unter.
Isla del Sol
Mit einem Ausflugsboot fahren wir zur Isla del Sol (Sonneninsel) im Titicacasee. Nach einer Inka-Sage war hier der legendäre Geburtsort des hellhäutigen Schöpfergottes Wiracocha, des ersten Inca Manco Capac und dessen Frau bzw. Schwester Mama Ocllo. Damit wurde für die Indios nicht nur die Insel, sondern auch der Titicacasee heilig. Bei Bilderbuchwetter fährt das Schiff zunächst an der Nordhalbinsel von Copacobana entlang und dann durch eine enge Durchfahrt vorbei an gegenüberliegenden Felsen. Am kleinen Anleger des Ortes Cha’llapampa im Nordosten steigen wir nach über 2 Stunden aus. Wir gehen am weißen Sandstrand entlang und steigen dann langsam bergauf, an kleinen Häusern vorbei. Der breite, grob gepflasterte Weg ist gut begehbar, führt allerdings immer wieder auf und ab und erreicht eine Höhe von über 4000 m. Malerisch erhebt sich im Osten die fast hundert Kilometer entfernte gletscherbedeckte Cordillera Real. Viele Stufen führen durch den sehr touristischen Ort Yumani hinunter zum Bootsanleger, wo die Treppe der Inca noch gut erhalten ist.
Nur 8 km sind es von Copacabana zur bolivianisch-peruanischen Grenze. Bei der bolivianischen Grenzabfertigung wird zunächst der Pass mit dem Ausreisestempel versehen. Ein Polizist trägt die Fahrzeuge in eine Liste ein und fragt nach Geld. Wir verstehen natürlich nichts, obwohl er immer wieder nachhakt. Auf der peruanischen Seite erhalten wir die Pass-Stempel und die Touristenkarte für 90 Tage Aufenthaltsdauer. Ein Zöllner von SUNAT füllt die gesonderten Formulare für die Fahrzeuge aus. Wir erhalten jeweils eine Ausfertigung und können nach insgesamt einer Stunde in Peru einreisen.
Fortsetzung siehe unter Bericht Peru 1.