Bolivien 2

 

Von Uyuni bis Potosí

 

Fortsetzung von Bericht Bolivien 1

 

Vom 07.09.bis 10.09.2015

 

Die Fotos zu diesem Bericht findet man am Ende des Textes.

 

Potosì

Durch eine beeindruckende Gebirgslandschaft erreichen wir Potosí in 4065 m Höhe. Potosí hat 140.000 Einwohner und ist eine der höchstgelegenen Großstädte der Welt. Entsprechend dünn ist die Luft, auch für unser RMB Wohnmobil auf Mercedes 410 Diesel mit 122 PS. In dieser Höhe bringt er wegen Sauerstoffmangel nur noch 60 % seiner ursprünglichen Leistung. Einige Straßen können wir wegen der Steigungen nicht befahren. In engen Gassen bleibt nur noch drei Zentimeter Platz auf beiden Seiten und das bei – Stop and Go - in den dichten Feierabendverkehr. Kinder kommen uns auf die Fahrbahn entgegen und wollen uns Klopapier verkaufen. An den Kreuzungen befinden sich immer wieder Menschentrauben, die sich um die Fahrzeuge überhaupt nicht kümmern. Hinter einem rostigen Tor befindet sich ein großer fast leerer Parkplatz, wo wir sicher übernachten können. Als wir morgens aufwachen, staunen wir nicht schlecht: Der ganze Parkplatz um uns herum ist vollgeparkt und die Abstände zwischen und hinter den Fahrzeugen betragen höchstens 20 cm. Am nächsten Tag besichtigen wir die historische Altstadt von Potosí, die von der UNESCO als Weltkulturerbe erklärt wurde. Entlang der engen Gassen haben viele Häuser offene kleine oder große geschlossene Balkone. Leider sind die meisten Häuser mit Graffity besprüht. Traditionell gekleidete und in dicke Wollsachen verpackte Indigena-Frauen sitzen vor ihren wenigen Waren.

 

Im VEIN OF SILVER sind wir noch die einzigen Gäste und genießen den Blick über die Dächer der Altstadt und zum Cerro Rico, dem reichen Berg. Im Jahre 1545 entdeckte an diesem Berg der Indigena Diego Huallpa eine Silbermine. Von da an wurde der Cerro Rico unaufhörlich ausgebeutet und das meiste Silber wurde nach Spanien verschifft. Potosì war die Schatzkammer Amerikas. Die Spanier setzten indianische Sklaven unter unmenschlichen Bedingungen im Bergbau ein. Im Jahre 1650 hatte Potosi 160.000 Einwohner und war größer als Rom, Madrid und Paris. Bisher wurden aus diesem durchlöcherten Berg 46.000 Tonnen Silber herausgeholt. Heute schuften noch immer wie seit Jahrhunderten hauptsächlich Indigenas in engen Schächten und fördern unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen Zinn. Wir jedenfalls entscheiden uns gegen die Minentour. Durch enge Gänge zu kriechen und steile Leitern zu klettern ist bei staubiger Luft ohne viel Sauerstoff in 4000 m Höhe ist nicht unser Ding. Die Plaza 10. Noviembre mit gefliesten Wegen, alten Bäumen, Denkmälern, Brunnen und gepflegten Rasenanlagen wird von vielen Einwohnern der Stadt als Ort der Begegnung genutzt. Alte Menschen, aber vor allem viele Schüler in ihren Uniformen spazieren hier umher und sitzen auf den Bänken. Der Platz wird umrahmt von historischen Gebäuden wie der Kathedrale, dem alten Rathaus, der Banco del Crédito und der Polizei. Wir lassen uns ein Eis vom Wagen der älteren Indigena schmecken. Tausende Menschen demonstrieren gegen Autonomie, marschieren etwa zwei Stunden durch die Straßen und legen den Verkehr lahm. Unter ihnen sind viele Indigenas mit traditionell gekleideten Marktfrauen, aber auch Gewerkschaften und andere Organisationen mit Fahnen und Spruchbändern. Immer wieder stimmen vor allem Frauen Gesänge an. Kanonenschläge explodieren vor dem Gebäude der Prefectura, einer davon ist laut wie eine Handgranate.

 

Die mächtige Kathedrale ist innen von mächtigen Säulen gestützt, deren Ornamente filigran mit Blattgold überzogen sind. Großartige Altare, Figuren und Gemälde sind ebenfalls aufwändig restauriert. Dann klettern wir pustend zusammen zum Glockenturm hinauf und haben von dort einen herrlichen Rundblick über die Stadt mit ihren weiteren 35 Kirchen und den Cerro Rico. Sehenswert ist die Casa de la Moneda, ein wuchtiges, zwei Häuserblöcke umfassendes Bauwerk mit hübschen Innenhöfen. Es gilt als das wichtigste Gebäude der zivilen Kolonialarchitektur in Lateinamerika. Hier haben die spanischen Kolonisatoren ab dem 18. Jahrhundert ihre Silbermünzen von indianischen Sklaven prägen lassen. Wir staunen über die Exponate in der Casa de la Moneda: Gemälde, Silberschmuck, Münzen, Prägemaschinen, Bergbauutensilien, Mineralien. Besonders beeindruckend finden wir die vier mächtigen hölzernen Räderwerke, die von jeweils vier Maultieren im Erdgeschoss gedreht wurden. Das Holz wurde von Spanien per Schiff nach Arica in Chile gebracht und dann mit Maultieren über die Berge nach Potosí. Bis zur Dunkelheit genießen wir die Atmosphäre im Bereich der Plaza, wo noch immer viele Menschen flanieren.

 

Fortsetzung siehe unter Bericht Bolivien 3