Argentinien 9

Provinz Santa Cruz

 

Vom 11. bis zum 18. April

 

Fortsetzung von Bericht Chile 5

 

Die entsprechenden Fotos zu diesem Reisebericht findet man am Ende des Textes.

 

Am glitzernden Lago Buenos Aires entlang und an gelb leuchtenden Pappeln vorbei fahren wir zum Ort Perito Moreno. Wir kaufen im Supermarkt ein und im Restaurant stellen wir wieder einmal fest, dass Argentinien gegenüber dem Vorjahr erheblich teurer geworden ist. Der Ort ist ein letztes Versorgungszentrum vor der Weiterfahrt nach Süden. Aber eine Gasabfüllstation gibt es nicht, sondern erst in 500 km Entfernung. Den Südteil des Kontinents wollen wir noch vor Anbruch des Winters erleben. Wir rollen durch die Einsamkeit der flachen bis leicht hügeligen Pampa Patagoniens mit trockenen Gräsern und Büschen. Rötliche Felsen stechen in der Umgebung heraus. Die ersten Guanacos laufen in der Nähe der Straße umher. Wenn wir uns mit dem Camper nähern, springen sie mühelos über die Zäune. Nandus, die kleinen Artgenossen des Vogel Strauß, sind zwischen den Büschen zu erkennen. Ein überfahrenes Gürteltier liegt auf der Straße, das Skelett eines Guanakos ein Stück weiter.

 

In der Schlucht des Rio Pinturas besichtigen wir die Cueva de las Manos. Wir sind die einzigen Besucher und eine junge Mitarbeiterin dieses UNESCO-Weltkulturerbes führt uns zu der Höhle, die sich unter den steilen Felswänden befindet. Wir sehen an den vor Wetter und Sonne geschützten Felsüberhängen die Umrisse von fast ausschließlich linken Händen. Es ist beeindruckend, die Handabdrücke der indianischen Ureinwohner zu sehen, die sie bereits vor 13.000 Jahren an Felsen hinterlassen haben. Wahrscheinlich bliesen sie aus einem Rohr rote, weiße, schwarze und braune Farbe an die Wände, als sie ihre Hände davor hielten. Die Farbe wurde aus Erde, Kohle und mineralhaltigen Calafate-Beeren gewonnen. Untersuchungen ergaben, dass sie die Zeichnungen dann mit einem Gemisch aus Guanako-Fett und Urin bestrichen. Die jüngsten Darstellungen an den Felswänden sind über dreitausend Jahre alt. Sie enthalten Zickzackdekor, Kreise und Figuren wie Menschen und Tiere. Vom Rand des Canon des Rio Pinturas haben wir aus unserem RMB-Wohnmobil einen Fünf-Sterne-Blick. Das letzte Sonnenlicht beleuchtet die ockerfarbenen Felsen der Schlucht und zaubert dann ein farbenprächtiges Abendrot an den Wolken.

 

Vor dem Ort Bajo Caracoles fegt der berüchtigte Wind Patagoniens von Westen über die Pampa. Leicht bergan fahren wir nun auf die dunkle Wolkenwand zu. Richtung Osten weite Pampa-Landschaft und im Westen sind die Umrisse der Anden zu erkennen. Der Regen geht in Schneeregen über und am Straßenrand wird es weiß. Schließlich bildet sich auch auf der Ruta 40 eine weiße Schneeschicht und dicke weiße Flocken behindern uns die Sicht. Wir entschließen uns, bei diesen Wetterbedingungen nicht weiter zu fahren und halten beim Drei-Häuser-Ort Las Horquetas. Wir stellen uns auf den Parkplatz und lassen es schneien. Der Winter hat uns im Griff und wir stellen unsere Heizung an. Nach sieben Grad minus ist die Ruta Cuarenta am Morgen noch mit einer Eisschicht überzogen. Wir warten lieber noch ab, bis das Eis weggetaut ist. Um 11 Uhr fahren wir fast allein durch das verschneite Patagonien. Links die schneebedeckte Kante der höhergelegenen Mesa, rechts im weiten Tal der Rio Chico. Westlich von Gobernador Gregores hört plötzlich die Teerstraße auf und es folgen 72 km Piste. Doch hier zeigt sich, dass es keine Piste aus reinem Schotter ist. Nur die oberen paar Zentimeter sind Kies, darunter ist der glitschige Lehm. Hier hat es in den letzten Tagen mächtig geregnet und große Pfützen haben sich gebildet. Wir fahren langsam acht Kilometer. Mehrere entgegenkommende Fahrer von lehmverdreckten Allrad-Autos machen uns klar, dass wir hier nicht weiterfahren sollten.

 

Eigentlich wollten wir von hier aus zunächst zum argentinischen Nationalpark Los Glaciares, dann weiter zum chilenischen Nationalpark Torres del Paine und schließlich über Puerto Natales und Punta Arenas Richtung Osten fahren. Wir sind ja beweglich und entschließen uns nun, die Runde umgekehrt zu fahren. Es herrscht fast kein Verkehr, wir fühlen uns allein in der Pampa. Wo wieder Steppengras anzutreffen ist, sind auch die Guanakos. Sie reißen beim Fressen die kompletten Grasbüschel mit raus. Am Straßenrand überfahrene Hasen, Füchse, Gürteltiere, später ein totes Guanako.. Wie so oft in Argentinien passieren wir eine der wilden Müllkippen und der Wind verteilt das leichte Plastikzeug überall in der Landschaft. Hinter Piedra Buena biegen wir ab auf die Piste zum Parque Nacional Monte León. An der Küste sind 60.000 Magellan-Pinguine, Seelöwen, Königskormorane und viele Seevögel anzutreffen. Wir kommen gleich zum Gebäude der Nationalparkverwaltung, das sich neben anderen Gebäuden einer ehemaligen Estancia befindet. Der Park-Ranger erklärt uns, dass wir die zwanzig Kilometer zur Küste nicht fahren können, weil es hier 800 mm geregnet habe. Er zeigt mir Fotos, wie mehrere Autos aus dem Schlamm gezogen wurden.

 

Hier an der Ruta Nacional 3 sind die Guanakos wirklich unberechenbar, wovon viele große Blutflecken auf der Straße zeugen. Die weite Pampa erstreckt sich mal wieder bis zum Horizont und wir sehen vereinzelt Schafherden. Die Stadt Rio Gallegos ist Geburtsort des ehemaligen Präsidenten Kirchner. Wie in Südamerika üblich, wird aufgrund der Herkunft von wichtigen Personen in solchen Orten erheblich mehr investiert, als im Rest des Landes. Hier eben in tausend überflüssige Laternen, zwanzig Kilometer außerhalb des Ortes. Ursprünglich hatten wir einmal geplant, im Januar auf Feuerland zu sein. Wegen des 3-monatigen Ausfalles unseres Fahrzeuges (s. Berichte Bolivien 9 und Peru 2) haben wir aber auf eine Weiterreise bis nach Ushuia verzichtet. Jetzt im April ist es einfach Jahreszeit bedingt zu spät für diese Region. Auch eine Fahrt mit dem Schiff in die Antarktis kommt wegen der Wetterbedingungen und ohnehin hohen Kosten für uns nicht in Frage. Daher fahren wir nunmehr Richtung Punta Arenas, an der Magellan-Straße entlang und dann immer Richtung Norden. Über den Paso Integración Austral erreichen wir die argentinisch-chilenische Grenze mit dem üblichen Ablauf der Migración und Aduana der beiden Länder.

 

Fortsetzung siehe unter Bericht Chile 6.