Argentinien 8
Von Provinz Rio Negro bis Provinz Santa Cruz
25. März bis 2. April
Fortsetzung von Bericht Chile 4
Die entsprechenden Fotos zu diesem Reisebericht findet man am Ende des Textes.
Über Villa Angostura erreichen wir am hundert Kilometer langen Lago Nahuel Huapi vorbei den Haupt-Touristenort San Carlos de Bariloche. Die Stadt wurde 2011 nach dem Vulkanausbruch des Puyehue von einer 30 cm dicken Ascheschicht bedeckt. Die helle Asche sieht man noch überall entlang des Seeufers. Mit unserem Motorroller machen wir eine Rundtour auf dem Circuito Chico, der „kleinen Schleife“. Sie führt westlich des Ortes durch eine malerische Wald- und Seen-Landschaft, hinter der etliche Zweitausender aufragen. Das dort liegende ehrwürdige Hotel Llao Llao ist 16.000 m² groß, von gepflegten Rasenanlagen und großen Bäumen umgeben. Einen Tag vorher war der amerikanische Präsident Obama hier zu Gast. Heute ist Ruhe. Wir bestaunen die teuren Villen in herrlicher Lage am See und rollern durch alte Wälder an der türkisgrünen Bahia Lopez entlang. Über eine Piste erreichen wir Colonia Suiza, die „Schweizer Kolonie“. Hier findet gerade ein kleiner Markt statt, auf dem schweizerische und andere europäische Produkte angeboten werden. Ein Sessellift bringt uns zum Cerro Campanario. Dort bietet sich uns ein großartiger Panoramablick auf das Wald- und Seengebiet und die dahinter aufragenden bis zu zweitausend Meter hohen Berge.
Weiter südlich am Lago Mascardi übernachten wir auf dem Campingplatz La Querencia. In der Kälte des Morgens rollere ich mit meinem Piaggio SKR 125 und mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken auf der holprigen Piste zunächst am See entlang und dann durch die Wälder. Weit in der Ferne am Ende des Tales sehe ich den riesigen Gletscher bedeckten Cerro Tronador (3559 m). Nach zweistündiger Fahrt, 30 km bis Pampa Linda, muss ich beim Posten der Gendarmeria halten. Der Gendarm fragt mich, woher ich komme und zeigt mir auf seiner Uhr, dass es 10:30 Uhr ist. Ich sage „Si“ und antworte ihm, dass ich zum Refugio Otto Meiling wandern will. Er ist etwas irritiert und lässt mich weiterfahren. Später fällt mir ein, dass Fahrzeuge in diese Richtung erst ab 10:30 Uhr losfahren dürfen. Naja, ich war eben blitzschnell …
Ich rollere noch 9 km weiter auf den weißen Riesen Tronador zu und biege dann ab zum Ventisquero Negro, dem schwarzen Gletscher. Der vom Berg herabfließende Gletscher führt viel schwarzes Geröll mit sich und mündet dann in einen grauen See. Am Gletscherzeh stürzen dutzende Wasserfälle in die Tiefe. Dann starte ich zu meiner 18 km langen Wanderung zum Refugio Otto Meiling auf 2000 m Höhe. Nach etlichen steilen Kehren erreiche ich den Kamm La Almohadilla und habe einen ersten Blick auf einen mächtigen Gletscher im Südwesten. Auf dem weiteren Weg am Hang entlang kann ich an dessen Ende über 20 Wasserfälle mit bloßem Auge erkennen. Tronador heißt „Der Donnernde“, denn immer wieder stürzen riesige Eisbrocken mit viel Getöse ins Tal. Ein beeindruckendes Hörspiel der Natur. Über Felsen und Steine erklimme ich locker wie ein Oberharzer Gamsbock (oder wie heißt das Tier mit dem Rüssel?) die letzten der 1150 Höhenmeter zum Refugio Otto Meiling. Mir reicht es für heute – man ist eben keine Sechzig mehr …. Im urigen Gastraum mit Holzbänken esse ich zu Abend. In der Nacht pfeift ein eisiger Wind um das Lager unter dem Dach. Nach einem glutroten Sonnenaufgang wandere ich unter kreisenden Kondoren die endlos erscheinenden achtzehn Kilometer zurück.
Auf der Fahrt mit unserem RMB-Wohnmobil durch die weiten Ebenen der Provinz Chubut sehen wir neben der Straße Guanacos und Nandus, die kleineren Verwandten des Vogel Strauß. Ein einsamer Gaucho ist mit seinem Hund in der endlosen Pampa Patagoniens unterwegs. Vereinzelt stehen kleine Fincas mit umgebenden grünen Bäumen in der Landschaft. Es grasen Pferde, Rinder und Schafe. Südlich von Sarmiento erinnern uns die gelbroten Felsformationen der Umgebung an den Südwesten der USA. Wir sind die einzigen Besucher des Monumento Natural Bosque Petrificado, wo viele versteinerte Bäume zu bestaunen sind. Es sind die Überreste von Nadelbäumen, die hier vor 75 Millionen Jahren in einem tropischen Flussdelta gediehen. Bei Vulkanausbrüchen wurden sie unter einem dicken Ascheregen begraben. Wind und Regen legten sie allmählich wieder frei. Die Bäume haben einen Durchmesser von bis zu drei Metern und eine Länge z.T. über dreißig Meter. Wir wandern ganz allein zwei Stunden durch diese bizarre Landschaft, in der die versteinerten Bäume aus den Vulkanasche-Hügeln schräg herausragen oder in der flachen Ebene liegen. An manchen Stellen führt der Weg direkt über die noch nicht ganz freigelegten Bäume hinweg. Wir fassen die steinernen Zeugen an, die in einer für uns unvorstellbar langen Vorzeit wuchsen.
Weiter südlich in der Provinz Santa Cruz sind wir am Lago Buenos Aires, der zusammen mit dem westlichen Lago General Carrera den zweitgrößten See Südamerikas bildet. Ein kräftiger Westwind, der für diese Gegend bekannt ist, fegt über den See und treibt hohe Wellen mit Schaumkronen vor sich her. Der nette Ort Los Antiguos ist Zentrum von umgebenden Farmland. Wegen des hier herrschenden milden Mikroklimas war diese Gegend schon vor Jahrhunderten für die Tehuelche-Indianer ein bevorzugter Aufenthaltsort. Heute werden in diesem Gebiet viele Obstsorten, vor allem Kirschen angebaut. Lange Pappelreihen schützen die Anbaugebiete vor den starken Winden. Die argentinische Grenzabfertigung im modernen Gebäude geschieht schnell und problemlos.
Fortsetzung siehe Bericht Chile 5.